|  | Humanistische Bewegung
 
 
 Die Übersetzung der Eröffnungsrede von Mario R. Cobos (Silo) anläßlich
 der Einweihung des Humanistischen Saales in La Reja,
 Argentinien, am 07.05.2005
 
 
 
 
 
 Liebe Freunde,
 (...) 
Wir sind froh, weil wir weder Regierungen, noch Firmen, noch den 
Mächtigen oder den Massenmedien zu danken haben. All dies hier 
und in den anderen Erdteilen ist erbaut worden, dank den 
Bemühungen der Humanistischen Bewegung und einer Gruppe von Leuten, 
die ohne Spekulation und Kalkül die Entwicklung unserer Botschaft 
unterstützt haben.
Aus diesem Grund ist es angebracht jetzt dieser großen Bewegung 
zu danken, indem wir ihre Ideale und grundlegenden Vorschläge 
zitieren, die sich in folgenden sechs Punkten ausdrücken: 
„An erster Stelle, fördert sie den Menschen als zentralen Wert 
und Sorge, damit weder etwas über dem Menschen steht, noch, dass 
ein Mensch über anderen steht. 
An zweiter Stelle, bekräftigt sie die Gleichheit aller Menschen 
und setzt sich für die Überwindung der blossen formellen 
Gleichstellung vor dem Gesetz um zu einer Welt gleicher 
Möglichkeiten für alle zu gelangen. 
An dritter Stelle, bekennt sie sich zur persönlichen und 
kulturellen Vielfalt und bejaht die Charakteristiken, welche 
jedem Volk zueigen ist und verurteilt jede Diskriminierung 
auf Grund ökonomischer, rassicher, ethnischer und kultureller 
Unterschiede. 
An vierter Stelle fördert sie jedes Streben nach Weiterentwicklung 
des Wissens, das über die Beschränktheiten hinausgeht, welche dem 
Denken durch Voreingenommenheiten aufgezwungen werden, die als 
absolute oder unveränderliche Wahrheiten hingestellt werden.
 An fünfter Stelle bekräftigt sie die Gedanken- und Glaubensfreiheit und,  
 
 an sechster Stelle, lehnt sie nicht nur die Formen der 
physischen Gewalt, sondern auch aller anderen Formen der 
ökonomischen, rassistischen, sexuellen, religiösen, moralischen und 
psychologischen Gewalt, als Formen, die im täglichen Leben in allen 
Erdteilen verwurzelt sind.
Diese sechs Punkte des Humanismus bilden für uns – Botschafter 
eines neuen Geistes – die Grundlage unserer gesellschaftlichen 
Lehre und unserer Verpflichtung zur Aktion in der Welt.
Gleichwohl ist es gerade im täglichen Umgang mit den konkreten 
Menschen und angesichts der Ängste des eigenen Bewusstseins, wo man 
sich nach der Richtung fragt, die man dem eigenen Verhalten und 
Leben geben soll. 
Wie kann ein Mensch die Richtung seines Lebens entscheiden, wenn 
man doch weit davon entfernt ist, die Kontrolle über den eigenen 
Alltag halten zu können? 
Wie kann ein Mensch frei über den Sinn seines Lebens entscheiden, 
wenn er den Bedürfnissen unterworfen ist, die sich vom eigenen 
Körper her aufzwingen? 
Wie kann er sich frei entscheiden, wenn er an finanzielle 
Dringlichkeiten gefesselt ist, an ein familiäres Beziehungssystem, 
an die Beziehungssysteme von Arbeit und Freundschaft, die sich 
manches mal in ein System von Arbeitslosigkeit und 
Hoffnungslosigkeit, von Einsamkeit, Hilflosigkeit und gescheiterte 
Hoffnungen gewandelt haben? 
Wie kann er sich frei entscheiden, gestützt auf manipulierte 
Information und mediale Übertreibung von Antiwerten, die so weit 
gehen, dass sie als bestes Verhaltensmodell den Mächtigen zeigen, 
der schamlos Gewalt, Erpressung, tätliche Angriffe, Willkür und 
Unrecht vorführt? 
Wie kann er sich frei entscheiden, wenn die moralischen Führer der 
großen Religionen zu den Völkermorden, den heiligen Kriegen, den 
Verteidigungs- und Vorbeugungskriegen zustimmen oder schweigen?
Weil die gesellschaftliche Atmosphäre durch Unbarmherzigkeit 
vergiftet ist, werden unsere persönlichen Beziehungen Tag für Tag 
immer unbarmherziger, so wie der Umgang mit einem selbst auch immer 
unbarmherziger wird.
Die großen Ängste des Menschen machen es unmöglich dem Leben eine 
Richtung zu geben die man liebt und Bedeutung hat. Die Angst vor der 
Armut, vor der Einsamkeit, der Krankheit und dem Tod vereinigen und 
verstärken sich in der Gesellschaft, den menschlichen Gruppen und 
in den Personen…
Aber trotz allem…. 
Trotz allem…. 
Trotz diesem unglücklichen Eingeschlossensein verschafft sich etwas 
Lichtes wie ein ferner Klang, etwas Lichtes wie eine sanfte Brise 
am Morgen, etwas sanft Beginnendes, Zutritt ins Innerste des Menschen…
Warum, meine Seele, warum diese Hoffnung? Warum bricht diese Hoffnung 
in den dunkelsten Stunden meines Unglücks sich leuchtend Bahn?
…..
Da wir heute eine Feier haben (und bei einigen Feiern tauschen die 
Leute Geschenke aus), möchte ich dir ein Geschenk machen, bezüglich 
dem du sehen wirst, ob es wert ist angenommen zu werden. Es handelt 
sich in Wirklichkeit, um die einfachste und praktischste Empfehlung, 
die ich in der Lage bin zu geben. Es ist fast ein Kochrezept, aber 
ich vertraue darauf, dass du über das hinausgehst, was die Worte 
benennen…
An irgendeinem Augenblick des Tages oder der Nacht atme einmal tief 
ein und stellle dir vor, dass du diese Luft bis zu deinem Herzen 
bringst. Sodann bitte mit Kraft für dich und die Menschen, die du 
liebst. Bitte mit Kraft darum, dass du dich  von alldem fernhältst, 
was dich in Widerspruch bringt; bitte darum, dass dein Leben 
einheitlich sei. Widme diesem kurzen Gebet nicht viel Zeit, denn es 
genügt, dass du für einen Moment das unterbrichst was  in deinem 
Leben passiert, damit durch den Kontakt mit deinem Innersten sich 
deine Gefühle und deine Ideen aufklären.
Den Widerspruch fernzuhalten ist gleichbedeutend wie die Überwindung 
von Hass, Ressentiment, und dem Wunsch nach Rache. Den Widerspruch 
fernzuhalten bedeutet den Wunsch zur Versöhnung mit anderen und mit 
sich selbst zu kultivieren . Den Widerspruch fernzuhalten bedeutet 
jegliches Unrecht was man Anderen zugefügt hat zu verzeihen und 
doppelt wieder gut zu machen.
Das ist die Haltung, die es zu kultivieren gilt. Dann wirst du im 
Laufe der zeit verstehen, dass das Wichtigste ist ein Leben innerer 
Einheit zu erreichen, welches dann Früchte trägt, wenn dein Denken, 
Fühlen und Handeln in die gleiche Richtung geht. Das Leben wächst 
durch seine innere Einheitlichkeit und es löst sich auf durch die 
Widersprüchlichkeit. Und es kommt vor, dass dein Tun nicht nur in 
dir bleibt sondern die anderen erreicht. Deshalb lässt du dein 
Leben wachsen und trägst zur Welt bei, wenn du anderen hilfst, 
Schmerz und Leiden zu überwinden. Umgekehrt führt dein Leben zur 
Zersplitterung und vergiftet die Welt, wenn du das Leiden anderer 
vergrößerst. Und wem sollst du helfen? Zuerst denjenigen, die dir 
am nächsten sind. Aber dein Tun beschränkt sich nicht nur auf sie.
Mit diesem „Rezept“ hört das Lernen nicht auf, sondern beginnt. In 
diesem „Rezept“ wird davon gesprochen, dass es darum geht zu bitten, 
aber: wen bittet man? Dementsprechend was du glaubst, deinen innerer 
Gott, oder dein Leitbild, deinen Inneren Führer, oder eine 
inspirierende und bestärkende Vorstellung. Schlussendlich, wenn du 
niemanden hast zum Bitten wirst du auch niemanden haben zum geben und 
dann verdient mein geschenk es auch nicht angenommen zu werden.
Später dann kannst du das in Betracht ziehen, was die Botschaft in 
ihrem Buch erklärt, in ihrem Weg und ihrer Erfahrung. Und dann wirst 
du über wahrhafte  Gefährten verfügen um mit dir ein neues Leben in 
Angriff zu nehmen.
In dieser einfachen Bitte gibt es auch eine Meditation, die sich auf 
das eigene Leben richtet. Und diese Bitte und diese Meditation werden 
die Kraft kriegen um die alltäglichen Situationen umzuwandeln.
Wenn du so vorgehst wirst du möglicherweise eines Tages ein Signal 
aufnehmen. Ein Signal, dass sich manchmal mit Irrtümern und manchmal 
mit Sicherheit zeigt. Ein Signal, dass sich mit großer Sanftheit 
andeutet, aber in seltenen Momenten des Lebens wie ein heiliges Feuer 
über einen hereinbricht und Anlass für die Verzückung der Verliebten 
ist, die Inspiration der Künstler und die Ekstase der Mystiker. 
Denn – es ist angebracht das zu sagen – sowohl die Religionen, wie auch 
die Kunstwerke und die großen Inspirationen im Leben entstammen von 
dort; von den verschiedenen Übersetzungen dieses Signals. Und es gibt 
keinen Grund zu glauben, diese Übersetzungen würden der Welt 
wahrheitsgemäß zeigen, was sie übersetzen. Dieses Signal in deinem 
Bewusstsein ist die Übersetzung in Bilder, in Vorstellungen von etwas, 
was keine Bilder hat. Es ist der Kontakt mit der Tiefe des menschlichen 
Geistes, eine unergründliche Tiefe in der der Raum unendlich und die 
Zeit ewig ist.
In einigen Momenten der Geschichte erhebt sich ein Flehen, eine 
herzzerreissende Bitte Einzelner und der Völker. Dann kommt aus dem Tiefen 
ein Signal. Hoffentlich wird dieses Signal mit Güte übersetzt in den 
Zeiten, die angebrochen sind, wird hoffentlich übersetzt um Schmerz und 
Leiden zu übersetzen. Weil hinter diesem Signal wehen die Winde der großen 
Veränderung.
Als wir vor vielen Jahren den Zusammenbruch des Systems ankündigten, haben 
sich viele über das für sie Unmögliche lustig gemacht. Die halbe Welt, das 
halbe, scheinbar monolithische System ist zusammengebrochen.
Aber jene Welt brach ohne Gewalt zusammen und hat die guten Seiten gezeigt, 
welche in den Leuten existierten. Mehr noch: vor dem Verschwinden jener Welt 
förderte sie die Abrüstung und man begann ernsthaft für den Frieden zu 
arbeiten. Und es gab keinerlei Apokalypse. Auf dem halben Planeten brach das 
System zusammen und, abgesehen von den wirtschaftlichen Nöten und der 
strukturellen Reorganisation , welche die Bevölkerungen zu erleiden hatten, 
gab es weder Tragödien noch Verfolgungen oder Völkermorde. Wie wird sich der 
Zusammenbruch in der anderen Hälfte der Welt vollziehen? Möge die Antwort 
auf das Flehen der Völker mit Güte übersetzt werden. Möge sie übersetzt 
werden in Richtung von Überwindung des Schmerz und des Leiden.
Als Menschen gehören wir zum Schicksal dieser Welt. Orientieren wir unser 
Leben in Richtung der inneren Einheit. Orientieren wir unser Leben  in 
Richtung der Überwindung der Widersprüche. Orientieren wir unser Leben hin 
zur Überwindung von Schmerz und Leiden bei uns, bei unseren nächsten und 
überall dort wo wir handeln können.
Möge unser Leben durch die Überwindung von Schmerz und Leiden wachsen. Möge
unser Leben sich weiter entwickeln indem wir anderen helfen sich 
weiterzuentwickeln.
An diesem Festtag möchte ich euch einen sehr herzlichen Gruß übermitteln, 
allen, die hier anwesend sind und auch denjenigen, die räumlich weit entfernt 
mit uns in Verbindung sind. 
La Reja. 7. Mai 2005
 Eröffnungsrede von Mario R. Cobos
 
 
 Humanistische Bewegung
 Weltweite "soziale" Bewegung die den Menschen in den Mittelpunkt rückt!
 Alternative zum zerstörerischen Neoliberalismus!
 Braunau 17.08.2006
 
 
 
 
 
 
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